Riten und Kulte

 

In vielen Kulturen haben sich Menschen die bewußtseinsverändernden Eigenschaften des Hanfs zunutze gemacht, um mit der Welt des Übersinnlichen in Kontakt zu treten. Oft wird Cannabis im Rahmen von Ritualen eingenommen. Ein früher Beleg für die kultische Verwendung von Hanf sind Bestattungsbräuche skythischer Stämme aus Zentral-asien, von denen Herodot um 500 v.Chr. berichtet. Eine Stammesgruppe soll in einer Art Schwitzhütte Hanf auf glühende Steine geworfen haben. Der Rauch brachte sie dazu, zu tanzen und "vor Freude zu heulen". Herodots Beschreibung erinnert an die ekstatische Besessenheit von Schamanen, die über Tanz, Musik und die Einnahme heiliger Rauschpflanzen den Zugang zu der Welt der Geister und Götter suchen.

In Indien hat Cannabis in einigen Riten eine zentrale Bedeutung. In religiösen indischen Büchern, den Veden, wird erzählt, wie der Gott Shiva den Rauschtrank Soma vom Himmel brachte, den manche mit dem Hanfgetränk Bhang assoziieren. Daher heißt Shiva auch Herr des Bhang. Traditionell wird Bhang aus einer Paste von zerkleinerten frischen Hanfblättern zubereitet, die mit Trockenfrüchten und Gewürzen versetzt und oft in Buttermilch aufgelöst und getrunken wird. Vor allem zum Feiertag Shivaratri wird in Tempeln und Hausaltären Bhang geweiht und eingenommen.

 

Von den Bashilange, einem Volk in Äquatorialafrika, wird berichtet, daß sie um 1850 einen Hanfraucherkult entwickelten. Die Anhänger nannten sich 'Söhne des Hanfs' und verehrten ihn anstelle der früheren Stammesgötter als ein vereinigendes Symbol für Frieden und Freundschaft.

 

Von dem arabischen Begriff 'haschischat al foquara' ('dürres Kraut der Armen') stammt die Bezeichnung Haschisch. Haschisch wurde in einigen mystisch orientierten Derwischorden des Islam verehrt. Der Sufi-Meister Haydar soll seinen Gebrauch als Mittel zur Meditation empfohlen haben.

 

Auch die Anhänger der Rastafari-Bewegung, die in den 30er Jahren auf Jamaika entstand, gehört das Rauchen von Ganja zu ihrem religiösen Ritual. Die Reggae-Sänger Bob Marley und Peter Tosh haben die Rastas international bekannt gemacht. In vielen Liedern singen sie von den heilenden und inspirierenden Qualitäten ihres heiligen Krauts. Die Rastas sehen im Hanf den "Baum des Lebens", von dem in der Bibel (Offenbarung 22:2) gesagt wird, daß seine Blätter "zur Heilung der Völker" dienen.

 


Abbildungsnachweise:

Foto von Kapeshwar Giri, 1995

H.G. Behr: "Von Hanf ist die Rede", 1995:56

 

C. Rätsch:"Hanf als Heilmittel", 1992:95

Peter Tosh: "Legalize It" CBS 1976